Geplante Kürzungen im Bundeshaushalt könnten aus Sicht von Bildungseinrichtungen und jüdischen Vereinen gravierende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Miteinander haben. Das Anne Frank Zentrum in Berlin warnte vor einer Gefährdung seiner Projekte zur Antisemitismusprävention durch die Budgetpläne. Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST) sprach von einem drohenden Vertrauensverlust der jüdischen Bevölkerung gegenüber Staat und Sicherheitsbehörden.

Nach dem Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel zeigten sich auch in Deutschland Antisemitismus und fehlende Empathie in erschreckendem Maß, sagte die Direktorin des Anne Frank Zentrums, Veronika Nahm. Deshalb seien die Projekte zur Antisemitismusprävention für junge Menschen umso wichtiger. "Antisemitismus ist ein langfristiges Phänomen, aber gerade jetzt müssen wir die Bildungsangebote gegen Antisemitismus stärken und nicht kürzen", sagte sie.

ZWST fordert stärkere Kontrolle islamistischer Strukturen

Bisher wird die Arbeit des Anne Frank Zentrum nach Nahms Angaben zum größten Teil durch öffentliche Fördergelder finanziert. Betroffen von den geplanten Kürzungen sei etwa der Anne-Frank-Tag, an dem in diesem Jahr 650 Schulen teilgenommen hätten. Auch die pädagogische Arbeit gegen Antisemitismus in Justizvollzugsanstalten sei gefährdet.

Die ZWST mahnte mehr Engagement für die jüdische Gemeinschaft an. Sie sprach von einer "akuten Gefährdung jüdischen Lebens in Deutschland und Europa".

Die Organisation warf den Behörden in diesem Zusammenhang auch eine mangelhafte Kontrolle islamistischer Strukturen vor. "Die Bemühungen der vergangenen Jahre, jüdisches Leben in Deutschland sichtbarer, offener und zugänglicher zu machen, sind mit den jüngsten Entwicklungen erheblich zurückgeworfen worden."

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober haben antiisraelische und antisemitische Vorfälle in Deutschland zugenommen. In Berlin gab es in der vergangenen Woche einen Anschlag auf ein Haus mit jüdischen Einrichtungen, nachdem in der Stadt wenige Tage zuvor Häuser mit jüdischen Bewohnerinnen und Bewohnern mit einem Davidstern markiert worden waren. Etliche Vorfälle an Schulen meldete auch der Deutsche Lehrerverband. Politiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier riefen zuletzt zum Schutz jüdischen Lebens auf.